Korneasequester

Ätiologie

Das Korneasequester, auch als feline Korneanekrose, korneale Mumifizierung oder Keratitis nigrum bezeichnet, ist eine Erkrankung, die ausschließlich bei der Katze vorkommt. 353 Perser- und Himalayakatzen sind besonders häufig betroffen, bei diesen Rassen tritt das Korneasequester unter anderem als primäre Erkrankung auf. 551

Die genaue Ursache der Erkrankung ist nicht bekannt, jedoch tritt sie für gewöhnlich nach chronischen Korneaulzerationen auf. 353 Als Auslöser werden korneale Irritation, beispielsweise durch Haare bei Entropium bzw. Trichiasis, Tränenfilminsuffizienzen sowie chronische Ulzerationen oder Keratitiden durch Herpesvirusinfektion angenommen. Außerdem sind Fälle ohne jegliche vorhergehende Korneairritation beschrieben. 353,543 Die Durchführung einer Grid-Keratotomie kann zur Sequesterbildung führen. 317

Den in Lehrbüchern beschriebenen Ursachen stehen Studien gegenüber, die weder FHV-1 555 noch Tränenfilmveränderungen 212 gehäuft bei von Korneasequester betroffenen Katzen nachweisen konnten.

 

Symptome und Diagnose

Die sehr charakteristischen klinischen Symptome beinhalten fokale, meist zentral auf der Kornea befindliche, braune bis fast schwarze Plaques. 353 Die Größe der Plaques variiert von wenigen Millimetern bis zu solchen, die große Anteile der Kornea betreffen. Es können nur oberflächliche Teile des Stromas involviert sein oder das gesamte Stroma bis hin zur Descemet’schen Membran. 551 Die Plaques bestehen aus nekrotischem Hornhautmaterial. 353 Sie sind zusammengesetzt aus nekrotischen Keratozyten, desorganisierten Kollagenfasern und Entzündungszellen. Viele Keratozyten sind apoptotisch, weshalb davon ausgegangen wird, dass der Zelluntergang der Keratozyten durch Apoptose eine Rolle in der Pathogenese feliner Korneasequester spielt. 551

Das nekrotische Korneamaterial löst eine lokale Fremdkörperreaktion und dadurch Leukozyteninfiltration der Kornea aus. 353 Im Bereich des Sequesters liegt eine korneale Hypoästhesie vor, was zu einer verminderten Lidschlagfrequenz führt. 598 Die Korneanekrose umgeben meist Bereiche mit kornealer Ulzeration. Aufgrund der Schmerzhaftigkeit sind Blepharospasmus und Epiphora durch überschießende Tränenproduktion zu erwarten. Mit Chronizität der Symptome erscheinen Ödeme und Neovaskularisation. 353

Über einen Zeitraum von Monaten bis Jahren bildet sich unter den Plaques Granulationsgewebe und wölbt sie nach außen oder die Sequester wachsen in tiefere Korneaschichten hinein und es kann zur Perforation kommen. 543

Korneasequester
Korneasequester

Therapie

Die Therapie der Wahl ist die chirurgische Entfernung des nekrotischen Korneagewebes mittels lamellärer Keratektomie. Sofern das Sequester nur oberflächliche Stromaschichten betrifft, sollte in der Heilungsphase eine Kontaktlinse eingesetzt oder eine Nickhautschürze angelegt werden. Muss eine tiefe Keratektomie durchgeführt werden, sollte die Keratektomiestelle im Anschluss mit einem Konjunktivaflap abgedeckt werden. 551 Diverse Quellen besagen, dass dies die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs vermindert. 54,400 Alternativ kommt eine korneokonjunktivale Transposition im Anschluss an die Keratektomie in Frage oder ein Korneatransplantat, welches ebenso gute visuelle und kosmetische Ergebnisse ermöglicht. 11,321 Eine manuelle Entfernung der Plaques ist nicht ratsam, da das Risiko der Perforation oder Bulbusruptur zu groß ist. 353

Bei begleitenden Ulzerationen oder sekundärer Uveitis ist eine medikamentelle Therapie mit topischer Antibiose und Atropin- Augensalbe sinnvoll. 353 Wichtig ist, dass für Katzen keine Atropintropfen sondern immer Augensalbe gewählt wird, da die Tropfen starkes Speicheln hervorrufen. 543 Kortikosteroide sind für die Behandlung dieser Erkrankung stets kontraindiziert. Wird die Beteiligung des FHV-1 vermutet, kann eine antivirale Therapie begonnen werden. 353


LAMELLÄRE KERATEKTOMIE

Für die Operation wird das Auge mit 1%iger Betadine Lösung gespült. Zur Fixation und für erleichtertes Arbeiten kann der Bulbus mit einem in der dorsalen Bulbuskonjunktiva gesetzen Heft (Nylonfaden 5/0) fixiert werden. 343 Die Keratektomie wird unter Allgemeinanästhesie und zusätzlicher Lokalanästhesie durchgeführt. 543

Die Inzision muss von gesundem Korneagewebe ausgehend unter das Sequester gerichtet angelegt werden, welches anschließend von der unterliegenden Hornhautschicht gelöst wird. Reicht das Sequester bis in die Descemetsche Membran, wird dieser Teil nicht mit entfernt, um eine Bulbusperforation zu vermeiden. Das zurückbleibende Pigment verschwindet spontan oder wird durch die Bildung von Granulationsgewebe zur Korneaoberfläche gedrängt, sodass es in einer erneuten Operation entfernt werden kann. Vor dem Fortfahren gilt es zu prüfen, ob die Wundränder im gesunden Korneagewebe liegen und nicht zu steil angelegt wurden. Perforierende Korneanekrosen kommen sehr selten vor. Sie können durch Konjunktiva verschlossen oder mit einem Hornhauttransplantat versorgt werden. 543

Die Heilung dauert eine bis vier Wochen. Falls Rezidive auftreten, werden sie in gleicher Weise versorgt. 543 Zur Prävention weiterer Sequester kann ein hyaluronsäurehaltiges Tränenersatzprodukt verabreicht werden, um den Tränenfilm zu stabilisieren. 353

(LINK Methode eines Konjunktivaflaps)

 

Korneasequester
Zustand nach lamellärer Keratektomie
Nickhautschürze