Ektropium
Ätiologie
Der Begriff Ektropium beschreibt die Eversion eines Augenlids, wobei meist das untere betroffen ist. Eine zu lange Lidspalte kann dazu führen, dass die Lidränder dem Bulbus nicht adäquat anliegen. So entsteht eine Tasche bzw. Ausbuchtung des Lidrandes, die eine Überexposition der Konjunktiva gegenüber Luft, Staub sowie Bakterien zur Folge hat und den Tränenfilm in seinen Funktionen der Säuberung, Feuchthaltung und Schutz der Kornea stört. In den meisten Fällen führt dieser Zustand zu chronischer Entzündung. 543
Ektropien kommen sehr selten bei der Katze vor. Während bei Hunden besonders die Rasse einen entscheidenden Faktor darstellt, bedingen bei Katzen eher Narbenkonstriktionen nach Verletzungen oder Überkorrektur von Entropien das Auftreten. 42
Symptome und Diagnose
Die Diagnose des Ektropiums wird durch Adspektion gestellt. Vorsicht ist geboten bei aufgeregten Katzen, da bei Zug an der Nackenhaut das Ektropium iatrogen kurzzeitig behoben werden kann und so leicht zu übersehen ist. 543
Die häufig entzündete Konjunktivaaussackung und die im evertierten Zustand sichtbaren Ausführungsgänge der Meibomschen Drüsen fallen ebenso auf wie die teils vermehrt exponierte Sklera. Durch chronische Entzündungsprozesse können Epiphora, Lagophthalmus, Konjunktivitis und Keratitis auftreten. Die überexponierte Konjunktiva ist injiziert und chemotisch. Rötung und Schwellung gehen mit einer erhöhten Produktion von Tränenflüssigkeit und Schleim einher. 543
Therapie
Leichte Ektropien bedürfen nicht zwingend einer chirurgischen Korrektur, solange oben beschriebene Symptome ausbleiben. Die Versorgung junger Tiere mit Augenpflege- oder Tränenersatzprodukten bis zu deren Auswachsen mit anschließender Versorgung verhindert etwaige Nachkorrekturen. 543
Einfache Formen von Ektropium bei denen die Länge des Lides physiologisch ist, lassen sich gut mit Operationstechniken wie einer Keilresektion oder der „V to Y“ Blepharoplastik nach Wharton Jones beheben. 543
KEILRESEKTION
Mit zwei atraumatischen Pinzetten oder Klemmen wird der veränderte Abschnitt gefasst, um das Dreieck für die Schnittführung markieren zu können. Die Dreieckspitze sollte etwa im Abstand der doppelten Länge des zu resezierenden Lidrandstückes gewählt werden und die Seiten gleich lang sein. Für die Inzision wird das Lid beispielsweise mittels einer Jaeger Lidplatte unterstützt, um die Kornea zu schützen und Stabilität zu gewährleisten. Beachtung muss nach der Resektion des Keils in jedem Fall die akkurate, kantenfreie Positionierung der Lidränder finden. Um Irritationen der Kornea zu vermeiden, bietet sich die Verwendung polyfilen Nahtmaterials an sowie die Hautnaht durch eine Achterschlinge mit Platzierung der Knoten korneafern. 42
Beachtet werden sollte hierbei, dass die mediale Kanthusregion und der Apparatus nasolacrimalis gemieden werden müssen. 42
V ZU Y BLEPHAROPLASTIK NACH WHARTON JONES
Diese Technik bietet sich insbesondere für narbenbedingte Konstriktionen an, besonders wenn eine Keilresektion zur Korrektur nicht ausreicht. Parallel des tangierten Lidrandes wird die Basis eines Dreiecks, des „V“, angelegt. Sie erstreckt sich über die Länge des Ektropiums und wird NICHT inzisiert. Je nach Ektropiumgrad wählt man die Höhe des V. Ausgehend von der Basis bis zur Apex wird nun die Haut per Skalpell durchtrennt und unterminiert, beginnend bei der Apex bis zur Dreiecksbasis. Nun adaptiert man die Haut mit einem 3/0 bis 5/0 polyfilen Faden von distal beginnend vertikal. Um den Auswirkungen einer OP bedingten Narbenkonstriktion vorzubeugen, sollte die Vertikalnaht 2-3 mm länger ausfallen. Nun bleibt ein verkleinertes V übrig. Indem die Seiten separat adaptiert werden, entsteht das den Namen der Technik prägende „Y“. Ziel ist, den Lidrand durch veränderte Hautspannung anzuheben. 42
