Intoxikation
Bei Katzen werden Netzhautdegeneration und Erblindung durch Wirkstoffe wie Griseofulvin, Megestrolacetat oder Ethylenglycol verursacht. 427
Griseofulvin ist assoziiert mit Mydriasis, Visuseinschränkung 551, Knochenmarkssuppression und Tod 493. Die Katze ist besonders empfindlich gegenüber den teratogenen Wirkungen des Griseofulvins. 522 Die Aufnahme von 500 bis 1000 mg innerhalb von einer Woche während des ersten Trächtigkeitsdrittels führt bei den Feten zur Ausbildung von Anomalien wie Anophthalmie, Zyklopie oder Aplasie des Sehnerven. Zudem treten auch extraokuläre Fehlbindungen des zentralen Nervensystems und des Skeletts auf. 551
Auch das Fluorchinolon Enrofloxazin ist retinotoxisch. 614 Begründet liegt dies in vier katzenspezifischen Veränderungen der Aminosäure ABCG2, welche zur Funktionsstörung eines Transportproteins führen. Auf Niveau der Blut-Augen-Schranke akkumuliert sich dadurch das phototoxische Fluorchinolon. Anschließende Lichtexposition der Retina generiert dann radikale Sauerstoffspezies, welche die charakteristische retinale Degeneration und Erblindung verursachen. 472
Enrofloxazin besitzt unter den Fluorchinolonen die signifikanteste okuläre Toxizität. 196,614 Bei Dosierungen von 5 mg/kg und mehr besteht ein hohes Risiko für eine akut auftretende, hochgradige retinale Degeneration und Erblindung, dennoch können auch niedrige Dosen Veränderungen bewirken. 196 Typischerweise schreitet die Degeneration sehr rasch voran und ist meist irreversibel. 551 Neben Erblindung äußert sich die Degeneration in tapetaler Hyperreflektivität und Gefäßattenuation. 551 Histologisch sind diffuse Degeneration der äußeren Kern- und Photorezeptorschicht sowie Hypertrophie des Pigmentepithels erkennbar. 196 Die Ausdünnung der äußeren Kernschicht der Retina wird als Kardinalsymptom beschrieben. 419 Bereits nach drei Tagen stellt sich die Retina granulär dar und erste Anzeichen von Gefäßattenuation sind ersichtlich. Innerhalb von fünf bis sieben Tagen kommt es zur generalisierten tapetalen Hyperreflektivität durch die Netzhautatrophie. 178 Der Prozess kann über Monate progressiv verlaufen. 196 Das Elektroretinogramm ist normalerweise ausgelöscht. 551 Schon bevor ophthalmoskopisch darstellbare Veränderungen auftreten, sind die Amplituden im ERG reduziert. 178
Besonders gefährdet sind ältere Katzen und Tiere mit Nieren- oder Lebererkrankungen. 614 Dosis, Anwendungsdauer und Applikationsweg sind ebenso relevant. Intravenöse Applikation birgt das höchste Risiko. 196
Der Vorbericht betroffener Katzen beinhaltet meist Mydriasis, unvollständigen oder verzögerten Pupillarreflex, Verhaltensveränderungen, Orientierungslosigkeit, Anstoßen oder das Unvermögen zu springen. 196,205 Die Prognose für den Visus ist bei eingetretener Degeneration ungünstig. 501 Katzen kommen mit beidseitiger Erblindung allerdings sehr gut zurecht. 196,205
Auch andere Fluorchinolone, wie Marbofloxacin und Orbifloxacin wurden auf Nebenwirkungen retinotoxischer Art überprüft. In Verbindung mit der Applikation von Marbofloxacin traten keine retinalen Veränderungen auf. In Assoziation mit Orbifloxacin traten insbesondere bei hoher Dosierung (45-75 mg einmal täglich) tapetale Hyperreflektivität und Photorezeptordegeneration auf. 614